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#1

Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 30.09.2012 21:31
von hospiton • 2.767 Beiträge

Grüß Euch allseits!

Rechtzeitig bevor die „Späteste Nachweise“-Themen hier gestartet werden, mein (sehr langer…) Bericht von der alljährlichen Septemberreise nach Frankreich, diesmal in die Region Midi-Pyrénées. Die meisten Ausflüge machten wir in die Departements Lot, Tarn & Garonne und Aveyron. Es dominiert dort der trockene Eichenwald (darum heißt die Gegend dort „Quercy“) mit dazwischen liegenden sehr mageren Wiesen und Weiden, nur ab und zu div. künstliche Schaftränken oder Stauseen (gut für Tetrix! ) und einzelne feuchtere Wiesenabschnitte. Während der Hinfahrt durch die Schweiz sagte ich so im Spaß zu meiner Frau (ohne allerdings die zu erwartende Artzahl in diesen Departements zu kennen), mein Ziel in diesem Urlaub sind 50 Arten auf französischem Boden zu finden. Das war dann auch der Ansporn während der ca. 2 Wochen, allerdings war das leichter gesagt als getan, wie sich bald herausstellen sollte, zumal in dieser Region doch schon einige der typischen südfranzösischen bzw. mediterranen Arten fehlen. So beträgt lt. dem Atlas der U.E.F. aus dem Jahr 2009 für diese Ecke die Artenzahl ungefähr 70 Arten, und wer findet schon in Österreich in 14 Tagen über 100 Arten? Nach drei Tagen war ich noch zuversichtlich, standen doch schon 34 Arten zu Buche, aber nachdem die Artenzusammensetzungen bei den meisten Wanderungen in etwa gleich waren, kamen in den nächsten Tagen höchstens 1 – 2 neue dazu, oft auch rein zufällig und Einzelstücke. Und außerdem ist es ja in erster Linie ein Familienurlaub, da will man die Suche schließlich nicht übertreiben! So schenkte ich den schwierigen Artenpaaren, wie Calliptamus barbarus/italicus oder Euchorthippus declivus/elegantulus anfangs keine große Bedeutung zu, zumal mir da auch die Erfahrung fehlte. So waren es aber beim Abbruch des Zeltes an unserer ersten Station im Aveyron nach 12 vollen Tagen immerhin dann doch 47 Arten, und die Rückfahrt über einige höher gelegene Pässe bzw. der anschließende 2tägige Aufenthalt im mit immerhin 104 bekannten Arten wesentlich besser besetzten Dep. Ardeche brachte dann doch noch die Artenzahl von 55 (incl. Mantodea). Vorteil dieses „Spieles“ (dieses werde ich mir jetzt immer angewöhnen !) war, dass man sich, wie in meinem Fall bei den obengenannten Artenpaaren, dann in der Literatur einliest und so die Arttrennung übt und vielleicht auch kapiert!

Hier nun einige Highlights:

Wie immer ein dankbares Fotomotiv ist Empusa pennata, hier eine Larve:


Die Sattelschrecken waren mit – um diese Jahreszeit und in dieser Gegend immer sehr attraktiv gefärbten Ephippiger (e.) diurnus:


und aus der Gattung Uromenus die Art rugosicollis vertreten:


Auch ein einzelnes Weibchen von Pholidoptera femorata lief mir über den Weg:


Ein paar auch bei uns Bekannte, aber weil sie so schön sind: O. rufipes, Stetophyma grossum, Ch. albomarginatus (oder ist es doch dorsatus?) und ein extremgefärbtes Ch. biguttulus-Weibchen (nachdem dort noch andere so grüne herumliefen, bin ich mir gar nicht so sicher, dass das Tier frisch gehäutet war!):





Diese bei den beiden letzten intensive Grünfärbung lies mich auch bei diesen Tieren rätseln, die ich auf einer Wanderung in einigen Stücken fand und mich vor Ort etwas an der Nase herumführte. Ich verrate dazu noch nichts, will Eure Meinung/Bestätigung wissen. Die ursprünglich angedachte Art war es bei näherer Betrachtung nicht, so kam ich nach längerem Hin und Her zu einer anderen Lösung, allerdings habe ich die Art noch nicht adult gesehen:





Bei Calliptamus konnte ich dann, glaube ich, doch halbwegs klar sehen und konnte dann sogar 3 Arten feststellen, die siciliae allerdings in der Ardeche.
barbarus:

siciliae:


Hier die Euchorthippus-Gruppe:
Ein declivus:


Und im Gegensatz dazu das elegantulus-Popscherl:


Neben der Subgenitalplatte sind auch Vorder- und Hinterflügellänge und die hellen Fühlerspitzen ein oft gutes Merkmal (weiß jemand, ob dies auch die östliche Schwesternart pulvinatus hat?):


Noch ein Weibchen:


Große Freude hatte ich mit der Ausbeute in der Familie Tetrigidae. So konnte ich neben meiner ersten Uvarovitettix depressus auch endlich gleich im Gelände bestimmbare T. ceperoi finden!
Hier die Uvarovittetix:


einige T. ceperoi (die ersten waren übrigens am Ufer dieses Sees syntop mit einer T. undulata!!!):




Und die häufigste ist Paratettix meridionalis:


Und aus dem Abschluss aus der Ardeche:

Endlich konnte ich auch selbständig Platycleis sabulosa finden und gleich die entscheidenden Details ablichten:


Den ganzen Urlaub vermisst, obwohl eigentlich vorkommen hätte sollen, war Yersinella raymondii, erst in der letzten Nacht konnte ich sie mit dem US-Detektor feststellen und beim finalen Zeltabbau kam das Weibchen aus dem Überzelt zum Vorschein:

Weil nur im Südosten Frankreichs vorkommend, konnte ich die auch nur in der Ardeche finden: Dociostaurus genei:

Und auch hier bitte ich noch um Eure Bestätigung/Aufklärung: Was meint ihr zu diesem Winzling?

Leider sind die anderen Bilder nicht so besonders geworden, meine Vermutung hätte ich in diesem Habitat überhaupt nicht vermutet, aber mehr verrate ich noch nicht!

Offtopics: Herbststimmung auch dort schon, Triodia sylvina frisch geschlüpft beim Aufpumpen der Flügel, Zygaena fausta (da sieht man, wie man als abgegammelter Mann doch noch Chancen bei prächtigen Weibchen hat ):



Viel Spaß!

Werner


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#2

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 30.09.2012 22:40
von Günther • 2.345 Beiträge

Hallo Werner!

DAS ist es, genau SO hat eine ceperoi auszuschauen, genau SO schaut sie auch in meinen nächtlichen Träumen aus (je älter ich werde, desto mehr ändert sich scheinbar deren Inhalt)!!

Also von Heuschrecken aus dieser Gegend hab ich ja nun wirklich nicht viel Ahnung.
Der potenzielle albomarginatus schaut zwar schon recht typisch aus, aber ich wage es dennoch zu bezweifeln. Denn auch bei den Weibchen sieht man eigentlich die geschwungene Radialader, und die kann ich auf dem doch recht guten Bild nicht annähernd erkennen. Vielleicht also doch dorsatus? Haben die Schrecken dort eigentlich gesungen?

Zu diesem nächsten fraglichen grünen: Könnte das vielleicht so ein grüner Omocestus petraeus sein (falls der dort vorkommt)? Chorthippus scheint´s keiner zu sein, und irgendwie dieser gelbe Hinterleib... Allerdings muten die Seitenkiele des Weibchens nicht unbedingt typisch an... hm..

Und wegen dieses Stenobothrus-Winzlings: Gibt´s da unten stigmaticus?

Danke für den viel zu kurzen Beitrag (oder kommt da noch was?)!

LG,
Günther

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#3

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 07:48
von hospiton • 2.767 Beiträge

Hallo Günther!

Ja, ja, die ceperoi, der Mythos für uns Österreicher (für die Franzosen und Schweizer ist's dafür die bolivari, jenes "Unkraut" ....). Als ich die ersten dort bewußt sah und auf DAS Merkmal "messerartige Mittelkiel" achtete, das mir auch Christian im Juni als das Auffälligste erklären wollte, fiel mir spontan das Bergmolch-Männchen ein! Das nur so als hint...

Zu Deinen Mutmaßungen sage ich einstweilen noch nichts, vielleicht sagt ja Wolfgang, der Deine beiden Tipps am besten kennt, bzw. Toni, Florin, etc. auch noch was.

Ich denke, mit der albomarginatus/dorsatus-Einschätzung hast Du Recht, denn es sangen dort nur dorsatus, aber die Weibchen sahen alle so aus, und die albomarginatus sind halt immer so unauffällig...

An und für sich wäre der Bericht fertig.

Werner


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#4

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 09:03
von WSW • 1.034 Beiträge

Zitat von hospiton im Beitrag #3
Zu Deinen Mutmaßungen sage ich einstweilen noch nichts, vielleicht sagt ja Wolfgang, der Deine beiden Tipps am besten kennt, bzw. Toni, Florin, etc. auch noch was.



Mein erster Gedanke: Welcher Wolfgang sollte da dazu was sagen können? Denn ich wollte diesen Beitrag aus einem Gebiet, wo ich mich absolut nicht auskenne (bin da nur beim Interrail vor Jahrzehnten mal durchgefahren...), nur überfliegen und natürlich unkommentiert lassen.

Eigentlich beschäftigen mich ja andere Fragen: Fährst du dort auch mitm Moped hin? Und wie kann einer, der sich so gut mit Schmetterlingen auskennt, sich auf die paar wenigen Heuschrecken werfen?

Zum eigentlichen Thema: Weder der vermeintliche Omocestus noch der Stigmaticus schauen so aus, wie ich das bei uns von denen erwarten würde (wobei Farben wiederum recht wenig Aussagekraft besitzen). In Anbetracht der dort vorkommenden, mir gänzlich unbekannten Verwechslungsarten kann ich die Tiere also nicht kommentieren und muss auf die anderen erwähnten Personen verweisen.

Abschließend noch eine Bemerkung: Schon interessant, was der Günther für Träume hat . Ich hab noch nie von Heuschrecken geträumt, nicht einmal vom Aeropedellus in der Nacht, bevor ich mit der Schönjöchlbahn bergwärts fuhr. Es blieb da bei Tagträumen.

VG Wolfgang

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#5

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 09:36
von hospiton • 2.767 Beiträge

1.)

Zitat von WSW im Beitrag #4
...Welcher Wolfgang sollte da dazu was sagen können?
...ja - hab' schon Dich gemeint, aber ich verstehe Dein Argument, mir geht es mit den Balkan-Arten so!

2.)
Zitat von WSW im Beitrag #4
Fährst du dort auch mitm Moped hin?


3.)
Zitat von WSW im Beitrag #4
Und wie kann einer, der sich so gut mit Schmetterlingen auskennt, sich auf die paar wenigen Heuschrecken werfen?
Danke für das Kompliment, aber eben weil dem nicht ganz so ist, habe ich mich auf die Heuschrecken "downgraden" lassen....

4.)
Zitat von WSW im Beitrag #4
Weder der vermeintliche Omocestus noch der Stigmaticus schauen so aus, wie ich das bei uns von denen erwarten würde (wobei Farben wiederum recht wenig Aussagekraft besitzen). In Anbetracht der dort vorkommenden, mir gänzlich unbekannten Verwechslungsarten kann ich die Tiere also nicht kommentieren und muss auf die anderen erwähnten Personen verweisen.
Dachte halt, weil Du den petraeus auch aus dem Südosten kennst, sind Dir diese Farbmorphen vielleicht bekannt!

LG

Werner


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#6

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 15:34
von Axel Hochkirch • 41 Beiträge

Hallo zusammen,

ich wusste gar nicht, dass in Österreich T. ceperoi was besonderes ist. Ich habe sie mal in der Slowakei nicht weit entfernt von der Österreichischen Grenze gefunden (bei Sekule): 48°37.547'N 016°59.222'E

viele Grüße,
Axel

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#7

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 15:53
von hospiton • 2.767 Beiträge

Hallo Axel!

Interessante Meldung! Wir hatten ja eine vermeintliche aus der Nordostecke von Österreich, die sich aber bei genauerer Betrachtung als T. bolivari entpuppte. Und die Meldungen aus Westösterreich konnten m. W. auch noch nicht verifiziert werden - folglich ist sie aus der österreichischen Fauna nach jetztigem Wissensstand zu streichen. Ist Dein Fund belegbar (ohne ihn anzweifeln zu wollen), aber gerade bei dem Thema bolivari/ceperoi/subulata wurde in den letzten beiden Jahren viel ins Rollen gebracht, auch bei vielen Museumsstücken, daher wäre diese Meldung sehr interessant (aber vielleicht weiß ja Thomas ohnehin über dieses Vorkommen Bescheid, es passt aber halt so gar nicht in das Verbreitungsgebiet)!

LG

Werner


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#8

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 16:29
von Axel Hochkirch • 41 Beiträge

Hallo Werner,

ja, meine ist belegbar - sogar genetisch. T. bolivari und T. ceperoi sind genetisch ausgesprochen verschieden. Genau genommen gilt das sogar für alle Tetrix-Arten außer bipunctata/kraussi. Insofern gibt es da keine Verwechslungsgefahr, sobald man was sequenziert. Ich hatte aus der (Ost-)Slowakei auch T. bolivari. Die waren morphologisch schon gut unterscheidbar. Zudem habe ich damals sehr viel mit T. ceperoi und T. subulata in Deutschland gearbeitet.

Übrigens: Falls jemand mal eine bolivari auf der Iberischen Halbinsel findet, hätte ich großes Interesse für unsere genetischen Untersuchungen. Die bolivari aus der Türkei waren jedenfalls deutlich unterschiedlich im Vergleich zur Slowakei und Ungarn.

Falls ihr mal ceperoi in Österreich finden wollt, dann würde ich in dem March-Auen suchen. Insbesondere im Uferbereich vegetationsarmer Tümpel, Sandgruben oder Flutmulden. In Google Earth sieht es so aus als gäbe es davon in der Umgebung von Hohenau jede Menge Optionen.

viele Grüße,
Axel

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#9

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 19:12
von Florin Rut • 269 Beiträge

Servus Werner

Schon wieder in Frankreich in den Ferien - so schön sollte man's haben

Zu albomarginatus/dorsatus sage ich lieber nichts, die Perspektive ist leicht von unten, da kann einiges täuschen.

Interessant dein grüner Ch. biguttulus. Wir hatten auf der Exkursion der Schweizer Orthopterologen an einer Stelle fast nur grüne Tiere, die genau wie deiner aussahen.

Also dein erstes Rätseltiere würde ich als Omocestus haemorrhoidalis bestimmen. O. petraeus ist es sicher nicht, der ist eigentlich nie grün oder rot gefärbt.


Erst dachte ich bei diesem Tier auch an haemorrhoidalis, weil ich erst die dunklen Stellen an der Flügelbasis als Flügelzeichnung angesehen habe. Allerdings scheinen auch die Seitenkiele zu wenig eingebogen, daher schaut der für mich mehr nach Stenobothrus aus. Am ehesten S. stigmaticus.


Grüsse
Florin

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#10

RE: Frankreichurlaub Herbst 2012 oder die "50-Arten-Ralley"

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 01.10.2012 22:49
von hospiton • 2.767 Beiträge

Hallo Florin!

Ich hänge da noch eine Halb-dorsal-Ansicht ein, und Ihr habt Recht, muss ja förmlich Ch. dorsatus sein!



Danke auch für Deine Statements zu den 2 Rätseltieren - schön langsam wird das ganze ja lustig, habe z. T. 180°-Aussagen, nicht nur hier im Forum! Da sieht man, wie schwierig es wirklich ist, nach Fotos zu bestimmen....
Nur soviel dazu:

Zitat von Florin Rut im Beitrag #9
O. petraeus ist es sicher nicht, der ist eigentlich nie grün oder rot gefärbt.
ich sehe aber nirgends ein rot und grüne petraeus gibt es sehr wohl, vor allem in Frankreich, aber auch in Kroatien, siehe:

--->http://tela-orthoptera.org/wakka.php?wik...sPetraeusPhotos
--->Grüner Omocestus petraeus

Spannende Diskussion, die man da auslöst...

LG

Werner


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