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#31

RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)

in Exkursionsberichte 23.07.2017 20:37
von WSW • 1.034 Beiträge

Heute hab ich mir nach langem wieder einmal den Klausgraben bei Kettenreith angesehen, eine meiner regionalen Topflächen. Im unteren Teil des Grabens erkennt man den Niedergang der montanen bäuerlichen Welt. Es sind hier alle Flächen entweder schon völlig zugewachsen oder gerade am Zuwachsen. Und dabei sind das Flächen, wo früher Maculinea arion flog, Stenobothrus nigromaculatus surrte und Fliegenragwurz reichlich wuchs, nur um einige Beispiele zu nennen.

Gut, das wusste ich bereits. Aber wie steht es um das Kernstück des Klausgrabens, den großen sonnenexponierten SW-Hang mit der schönen alten Extensivweide ganz oben? Erst musste ich mich durch die völlig verbrachte Kohldistelwiese mit Brennnesseln unterhalb kämpfen, wo viele Taubenschwänzchen saugten, Kaisermäntel herumflogen. An Heuschrecken waren hier Ph. aptera zu hören und eine erste Lauchschrecke ließ sich blicken:



Davon sollte ich noch mehr zu sehen bekommen, früher hat es hier oben keine mehr gegeben. Weiters viele Große Goldschrecken:



Dann gelangte ich an den Fuß des steilen Weidehanges, wo früher ebenfalls M. arion und - als einzige Stelle im Bezirk Melk - Brenthis hecate geflogen ist.



Der mittlere Teil wurde früher einmal gemäht und da hausten die vielen nigromaculatus. Heute, wie auch schon beim letzten Mal kein einziger zu finden. Jetzt weiden hier auch die Rinder und das scheint der nigro überhaupt nicht zu vertragen.
Aber auch Arcyptera fusca haben sich geziert. Erst ganz oben beim Zaun habe ich 2 oder 3 Männchen gefunden. Endlich die ersten Warzenbeißer für mich in dieser Saison! In den Biotopen des Donautales scheinen sie weitgehend verschwunden zu sein, genauso übrigens wie Omocestus haemorrhoidalis, den ich von 15 Jahren noch leicht in jedem Quadranten nachweisen konnte.

Oberhalb des Zaunes wurden die Höckerschrecken dann mehr und ganz oben waren sie sogar stellenweise wieder häufig. Aber auch sie waren hier schon mal deutlich zahlreicher. Fotografieren konnte man bei Wärme und Wind nur Weibchen, aber die sind ja auch recht eindrucksvoll:





Ich habe die Art interessanterweise in der Phäno-Liste nicht gefunden, obwohl die hier sicher schon ein gutes Monat fertig sein werden. Aber vll. hab ich´s überlesen?

Stenobothrus lineatus hält sich hier heroben natürlich noch und ein typischer Voralpen-lineatus ließ sich sogar auf einem alten Kuhfladen knipsen, schön grasgrün mit feuerrotem Popo:



Nicht gefunden habe ich leider die beiden früher kartierten Arten Platycleis grisea und Oe. caerulescens. Bin dann den Serpentinenfahrweg runter, um die Knie zu schonen. Dabei habe ich exakt am selben Platz, wo ich das Foto für den O.-Ö- Atlas geschossen habe, wieder Ch. apricarius fotografiert. Der ist im Klausgraben stellenweise noch recht häufig, im Donautal und speziell in meinem Garten aber nicht (mehr) aufgefallen.



Tja, die Leiten steht noch, aber es ist eine Frage der Zeit, bis diese entlegenen Weideflächen von den örtlichen Kleinbauern endgültig aufgegeben werden. Gemäht wird hier nichts mehr. Alle Mähflächen bleiben stehen und die Kühe gehen da zeitweise auch drüber. Für Kurzrasenliebhaber ist das schlecht. Psophus stridulus, die ich früher um diese Zeit hier nicht selten finden konnte, hat sich heute (noch?) nicht gezeigt. Warzenbeißer und Höckerschrecke scheinen weniger zu werden, nigromaculatus ist hier verloren.

Insgesamt aber viele Heuschrecken, 70% davon Ch. biguttulus. Die Lauchschrecke hat auch die dürre Extensivweide erobert.

VG Wolfgang

PS: Artenliste

Ph. falcata
T. cantans
Ph. aptera
Ph. griseoaptera
D. verrucivorus
R. roeselii
B. bicolor
M. parapleurus
Ch. dispar
Eu. brachyptera
A. fusca
O. viridulus
St. lineatus
G. rufus
Ch. apricarius
Ch. biguttulus
P. parallelus




zuletzt bearbeitet 24.07.2017 07:11 | nach oben springen

#32

RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)

in Exkursionsberichte 28.07.2017 16:37
von WSW • 1.034 Beiträge

Nächste Nullnummer für Stenobothrus nigromaculatus: Ich war nachmittags kurz am Henzing und konnte dort keinen nigro finden, hingegen alle anderen wertbestimmenden Arten von dem lokalen, begrenzten SW-Hang. Flächenmäßig dürfte sich nicht allzu viel verändert haben die letzten Jahre, doch war man mit dem Mähen der steileren Abschnitte ein wenig schlampig gewesen. Das reicht offensichtlich bereits, um ein blitzartiges Verschwinden der anspruchsvollen Art zu erzeugen.
Vielleicht spielen da gewisse Metapopulationseffekte auch eine Rolle, die Teilpopulationen auf der Nibelungengauer Donauleiten haben sich einfach nicht mehr gespürt.

Noch vorhanden waren z.B. Arten wie P. grisea., B. bicolor, Oe. caerulescens und auch Stenobothrus lineatus. Unten an der Wegböschung schließlich nach 2 großen Larven auch ein erstes adultes Weibchen von Mantis religiosa.

VG Wolfgang

edit: auch kein Warzenbeißer am Henzing! Noch vor ein paar Jahren hier sehr häufig und bis in den Oktober zu finden...


zuletzt bearbeitet 28.07.2017 20:04 | nach oben springen

#33

RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)

in Exkursionsberichte 29.07.2017 19:54
von WSW • 1.034 Beiträge

Nach 3 Nullnummern (Rindfleischberg, Henzing, Klausgraben) war ich heute an einem weiteren nigromaculatus-Fundort in den Randalpen "spazieren", das hätte mir nämlich der Arzt erlaubt. Man fährt mit dem Auto auf den Übergang zwischen Plankenstein und Weißenbach, spaziert dann etwa 200 Meter und sucht zwischen 740 und 750m auf einer kurz gemähten Kalkmagerwiese nach Heuschrecken. Schon vor bald 30 Jahren habe ich hier nach interessanten Pflanzen gesucht und diese Buckelwiese gefunden.

Und was soll ich sagen - zu meiner Überraschung hörte ich schon bei Annäherung das wohlvertraute Surren! Stenobothrus nigromaculatus hat hier an seinem aktuell westlichsten Fundpunkt in den nö. Alpen nicht nur überlebt, sondern war hier sogar die häufigste Heuschrecke!

Unglaublich - das heißt, die Metapopulationseffekte kann man wohl vergessen, denn dieser Fundpunkt war immer schon ziemlich isoliert die letzten 15-20 Jahre. Hier die Wiese, im Vordergrund eine frische nährstoffreichere Senke, wo die nigros nicht vorkommen, nur auf der Buckelwiese im Hintergrund und an einem kleinen Hang, der hinten hinuntergeht zu einer Fettwiese. Oben irgendein Teil von meinem Equipment.



St. nigromaculatus war hier die Massenart, St. lineatus im Vergleich eine Rarität. Ausschlaggebend war einfach, dass hier die letzten Jahrzehnte weiterhin ganz konsequent immer die ganz gleiche Pflege stattgefunden hat: Früher Mahdtermin und keine Düngung, sodass der nigro immer seine freie Aussicht gehabt hat. So einfach wäre es!

Er lebt hier beachtlicherweise zusammen mit Arten wie Metrioptera brachyptera und Psophus stridulus. Aber es ist auch hier wärmer geworden, denn eine Wespenspinne hab ich da noch nie gesehen.



Ich habe hier viele grüne nigros erwartet, aber es waren nur sehr wenige, darunter auch einzelne ganz grüne, die ich aber nicht erwischt habe.



Die meisten sehen unscheinbar braun aus:



Und neben kontrastreich grünen gibt es daher auch viele ockerbraune Weibchen:



Endlich heuer meine ersten Psophus und M. brachyptera:



Auch hier Lauchschrecken, ein Neuzugang, zu spät für den Atlas. Keine Warzenbeißer heute.



Die Artenliste:

T. cantans
M. brachyptera
Ph. aptera
Oe. caerulescens
Psophus stridulus
Ch. dispar
Eu. brachyptera
St. lineatus
St. nigromaculatus
G. rufus
Ch. dorsatus
Ch. biguttulus
P. parallelus



VG Wolfgang


zuletzt bearbeitet 29.07.2017 20:07 | nach oben springen


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