Liebe eifrige Beobachterinnen und Beobachter des heurigen Heuschrecken-Geschehens!
Meine alljährliche Monitoringstrecke in der Wiener Lobau entlang des Ölhafens hat auch heuer bei der ersten Begehung (11.7. - das Eintippen hat sich etwas verzögert) interessante Ergebnisse zu bieten, die zumindest in Ostösterreich für viele andere Regionen Gültigkeit haben könnten. Wie bereits im Vorjahr berichtet - Gewinner & Verlierer Frühsommer 2010 - bearbeite ich dort einen 3 km langen Dammabschnitt, wo ich seit dem Jahr 2005 im Frühsommer im Schnitt 26 Heuschreckenarten mit 1.600 Individuen "durchzähle". Der heurige Frühsommer ist dort in Summe arten- und individuenmäßig vergleichbar mit den Jahren davor; betrachtet man die einzelnen Arten genauer sind aber sehr unterschiedliche Entwicklungen erkennbar:
Bestände die zwei- bis fünffach über dem Gewohnten liegen wiesen diese Arten auf (gereiht vom größten zum kleinsten Gewinner): Roesels Beißschrecke Metrioptera roeselii, Gestreifte Zartschrecke Leptophyes albovittata, natürlich Große Schiefkopfschrecke Ruspolia nitidula, Italienische Schönschrecke Calliptamus italicus, Brauner Grashüpfer Chorthippus brunneus, Blauflügelige Ödlandschrecke Oedipoda caerulescens, Kleine Goldschrecke Euthystira brachyptera und Große Goldschrecke Chrysochraon dispar. Das sind einerseits früh entwickelnde Arten und solche, die offene kurzrasige Flächen zur Entwicklung benötigen - offenbar Ansprüche, die heuer durch die sehr trockenwarme Frühlingswitterung abgedeckt wurden. Die Große Schiefkopfschrecke profitiert wohl weiterhin von den letzten beiden sehr günstigen Jahren.
Die großen Verlierer des Frühsommers mit weniger als dem halben "üblichen" Bestand sind (gereiht vom größten zum kleinsten Verlierer): Wiesengrashüpfer Chorthippus dorsatus, Großer Heidegrashüpfer Stenobothrus lineatus, Verkannter Grashüpfer Chorthippus mollis, Dickkopf-Grashüpfer Euchorthippus declivus und Nachtigall-Grashüpfer Chorthippus biguttulus. Das sind großteils sehr späte Arten, deren Entwicklung durch den feuchten Zeitraum Ende Juni bis Juli stark verzögert wurde - das kann sich aber jetzt im August noch ausgleichen. Überraschend ist der sehr geringe Bestand vom Heidegrashüpfer, der jetzt schon das dritte Jahr in Folge sehr geringe Bestände aufweist.
Bei den seltenen Arten mit nur wenigen Nachweisen ist der Vergleich sehr zufallsabhängig. Einige Besonderheiten des Abschnittes (Platycleis veyseli, Pteronemobius heydenii, Aiolopus thalassinus, Omocestus haemorrhoidalis) konnten aber nach Jahren wieder nachgewiesen werden. Dafür waren Modicogryllus frontalis und Omocestus rufipes deutlich spärlicher als sonst.
Mal sehen wie sich Ende August dann die Gesamtbilanz darstellt.
Liebe Grüße
Thomas