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Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 06.08.2010 10:22von Thomas Z-K • 740 Beiträge
Helmut Höttinger und ich waren gestern, 5.8.2010 im östlichen Niederösterreich im March-Donau-Winkel unterwegs und konnten (nach dem Erstnachweis für Niederösterreich am 6.8.2009 bei Markthof) wieder Chorthippus oschei - die schwierige Zwillingsart des Weißrandigen Grashüpfers – finden! Am Alten Rußbach südlich von Markthof balzten wie im Vorjahr einige Paare, ein offenbar großes Vorkommen fanden wir auch an der Langen Luß gleich neben der Schloßhofer Brücke (wo auch ein starkes Vorkommen der Grünen Strandschrecke Aiolopus thalassinus neu ist). Alex Panrok fand die Art bereits 2008 auf der Parndorfer Platte und im Neusiedler See-Gebiet häufen sich auch zusehends die Nachweise (durch Georg Bieringer, Sabine Zelz & Lisbeth Zechner).
Es scheint leider nicht so einfach zu sein, wie wir es im Ostösterreich-Atlas vermutet haben, dass sich die beiden Arten räumlich gut abgrenzen. Man muss also bestimmen, was leider nicht so leicht geht bzw. geklärt ist. Am auffälligsten ist der markante Werbegesang des oschei, der aus dem allgemeinen Heuschreckenchor ziemlich gut heraussticht – nach einer Serie ziemlich leiser „zr-ti-zr-ti…“ (wie beim albomarginatus) folgt ein plötzliches lautes Furioso „drrrrrit – zja“, wobei er die Hinterhaxn mit den weißen Tarsen in die Höhe schleudert (sieht man am Foto von Alex Panrok super!). Dieses Element fehlt dem albomarginatus-Werbegesang ganz. Der normale Balzgesang ist sehr ähnlich. Ich habe den Eindruck, dass er bei oschei weniger gepresst klingt.
Morphologisch sind bei den Männchen die weißen Hintertarsen wichtig, laut [URL=http://www.orthoptera.at/literatur/pdf/VedeninaHelversen(2009).pdf]Vedenina & Helversen (2009)[/URL]Vedenina & Helversen (2009), die derzeit wichtigste Bestimmungsreferenz, ist oschei überdies bräunlicher (ohne die grünen Töne, die albomarginatus oft hat) und hat kontrastierend dunkle Hinterknie.
Wer Zeit & Lust hat, diese sehr spannende Situation in Österreich zu erforschen, kann sich viele Lorbeeren verdienen. Wir müssten Verbreitungsgrenzen zwischen dem klaren oschei-Vorkommen im Südburgenland und der Südoststeiermark und denen im nördlichen und östlichen Alpenvorland finden – unsere derzeitige hypotetische Grenze verläuft im Mittelburgenland etwa entlang der Rabnitz. Zu klären wäre auch, was die Kärntner Tiere sind – wahrscheinlich oschei, aber keiner hat das noch sicher bestätigt. Und dann stellt sich die Frage, was diese nordburgenländisch-marchfelderischen Einzelvorkommen bedeuten, inmitten eines einstmals klaren albomarginatus-Areals! Wer weiß, ob es nicht auch noch eine Misch-/Hybrid-Zone gibt und wie da die Tiere zuordenbar sind! Alles schwierig aber spannend. Mal sehen wer die nächsten Vorposten findet!
Liebe Grüße
Thomas
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 06.08.2010 12:10von WSW • 1.034 Beiträge
Hallo Thomas!
Interessant - wie ich das jetzt zu fällig gelesen habe, hab ich mich dran erinnert, letztens in Nenndorf auch vollkommen braune albomarginatus gesehen und fotografiert zu haben. Leider habe ich die meisten Aufnahmen wegen Unbrauchbarkeit schon gelöscht, aber 2 noch gefunden.
Tatsächlich haben diese braunen Tiere weiße Tarsen... Aber ob das was sagt? Auch der grüne hat ziemlich helle Tarsen. Besonders auffällig dunkle Hinterknie haben die Tiere nicht, hat aber das 2. Tier von AP auch nicht. Naja, man müsste sich bei der nächsten Gelegenheit in Nenndorf (die sicher kommen wird beim Anax ephippiger-Exuvien-Abklauben) einmal das Balzverhalten der Viecher ansehen.
VG Wolfgang
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 06.08.2010 12:51von Thomas Z-K • 740 Beiträge
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 06.08.2010 14:33von WSW • 1.034 Beiträge
Nur dass die Schabracken noch ein bisserl besser fliegen können
Gut, das Weiß der Tarsen ist schon relativ überzzeugend, wobei mich andererseits Färbungsmerkmale nie wirklich ganz überzeugen konnten. Da führt nix dran vorbei, dass ich mir die Viecher beim nächsten Mal genauer unter die Lupe nehme. Allenfalls gibt´s dann auch mehr und bessere Fotos.
Beim Googeln bin ich inzwischen auf eine russische Seite (mit unendlich langem Link) gestoßen, die Sonagramme von albomarginatus und oschei bietet. Über den link des Bildes vom Sonagramm kommt man dann auch auf die Seite:
http://macroevolution.narod.ru/evo_fig4.jpg
VG Wolfgang
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 06.08.2010 21:48von Thomas Z-K • 740 Beiträge
Das mit der Färbung als diagnostischem Merkmal wird leider wieder etwas schwächer - auf der Seite der Orthoptera of Europe findet sich als offizielles Chorthippus oschei-Bild aus Rumänien ein ausgesprochen grünes Pärchen -
aber die Tarsen sind wenigsten wieder weiß! (Hoffentlich sieht man das Bild jetzt, ich tu mir noch schwer mit diesen Einfügungsroutinen).
Grüße
Thomas
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 06.08.2010 21:49von Thomas Z-K • 740 Beiträge
Der Link zu dem oschei-Foto : Chorthippus oschei Orthoptera of Europe
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 08.08.2010 15:14von WSW • 1.034 Beiträge
Hallo,
ich war heute in Nenndorf, weil ich dachte, es könnte heute wieder ein ephippiger-Schlupftag sein (erster besserer Tag nach Frontdurchgang). War aber nicht, denn der Wasserstand war wieder deutlich gestiegen, und so konnte ich mich den Heuschrecken widmen. Mit den albomarginatus/oschei war es aber nicht so einfach - sie sind nicht unbedingt die dominante Art dort, vielmehr sind es biguttulus und zu allem Überdruss schnurren auch die brunneus ziemlich arg dazwischen. Und dorsatus gibt´s auch...
Also am Ende konnte ich doch einiges von den ominösen Heuhupfern finden. Diese ganz grünen Viecher wie im ein paar km entfernten Rohrer Becken gibt´s nicht, sondern 1. ganz braune, die sich unterteilen in solche mit braunen Tarsen und solche mit weißlichen. Und 2. braune mit +/- scharf abgesetzter grüner Oberseite. Diese haben eigentlich meistens mehr oder weniger weiße Tarsen.
Ich sah zwar etliches an Weibchen verschiedenster Farbgebung, konnte aber bei Wind und Autobahnlärm keine Balzaktionen beobachten. Daher habe ich etwa 10 dieser Heuschrecken verschiedener Varianten mitgenommen und wir werden jetzt hoffentlich im Terrarium sehen, wie sie balzen
Inzwischen zeige ich mal 3 Bilder, der letzte mit seinem orangen Hinterleib sieht dem Tier aus Rumänien ja durchaus ähnlich. Mir kommt nur vor, dass die Nenndorfer Tiere einfach zu wenig schwärzlich gefärbten Hinterknie-Bereich haben.
VG Wolfgang
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 08.08.2010 19:01von Günther • 2.345 Beiträge
Ma spitze, bin schon extrem gespannt, was sich im Terrarium ergibt!
Für mich lässt das entweder den Schluss zu, dass auf das Merkmal der weißen Tarsen nicht viel zu geben ist, oder aber dass es, wie Thomas ja schon angedeutet hat, eventuell Mischpopulationen gibt. Und wenn zweiteres der Fall ist, wird´s wohl extrem schwierig...
Freu mich schon auf die weiteren Berichte!
LG,
Günther
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 09.08.2010 13:53von WSW • 1.034 Beiträge
Ja, also jetzt ist alles klar (oder auch nicht, je nachdem, wie man´s nimmt ).
Bereits gestern haben die Viecher, nachdem sie sich halbwegs erholt haben, fest zu balzen begonnen. Habe dabei kein Schienenhochschleudern wahrgenommen.
Heute um die Mittagszeit bemerke ich, dass einer ein Weibchen heftig bewirbt und hab mir das angesehen. Er hat immer einige Werbegesangstrophen gebracht und dann die Schenkel etwas höher genommen (Bild), wobei man aber nichts gehört hat - der Ton muss da sehr leise sein. Die Haxn hochgeschleudert hat er jedenfalls nicht. Und das ist einige Minuten so gegangen.
Demzufolge ist es albomarginatus. Oder wir liegen in diesem berüchtigten Hybridpopulationsstreifen? Ganz sicher ist wieder einmal, dass die Färbungsmerkmale - wie so oft bei Insekten - nichts taugen. Keinesfalls darf man also oschei nach den weißen Tarsen bestimmen. Gibt es überhaupt oschei? Reicht es, wenn ein Teil der Population (in diesem Fall am Balkan) draufkommt, die Haxen beim Werbegesang hochzuschleudern, sonst aber gleich singt? Wie schaut es bei den beiden Arten mit der DNA aus? Und wie ist der publizierte Erstfund in der Slowakei von einem Männchen zu bewerten, der anscheinend auf Grund der besonderen Buntheit dieses Männchens mit weißen Tarsen erfolgte?
Bild 2 zeigt übrigens die beiden Tiere durch einen Spalt des Terrariumdaches - und man kann erkennen, dass es just jenes bunte Männchen war, das ich gestern in der Hand fotografiert habe und das einem klassischen oschei wirklich sehr, sehr ähnlich sieht mit seinen weißen Turnpatschen und dem orangen Abdomenende!
An sich wären ja die weißen Tarsen als Merkmal gut erklärbar: Die weiße Farbe hat Signalwirkung bei den hochgeschleuderten Hinterschienen. Nur - wie man sieht - haut dieser Ansatz leider ncht ganz hin....
VG Wolfgang
RE: Weißfüßiger Grashüpfer Chorthippus oschei rückt immer näher
in Bestimmungsfragen 09.08.2010 22:39von Thomas Z-K • 740 Beiträge
Lieber Wolfgang!
Das sind ja einmal extrem spannende Befunde! Vom Aussehen her wären das ja ziemliche oscheis - darauf kann man also vorerst wirklich nichts geben. Oder man zählt die Anzahl der Stridulationszähnchen an den Haxn, das dürfte laut dem Schlüssel ebenfalls ein diagnostisches Merkmal sein. Der Komplex ist jedenfalls aktustisch sehr gut untersucht worden in Südosteuropa, deren morphologische Erkenntnisse passen bei uns aber leider nicht. Das mit Beobachtung im Terrarium ist wohl die beste Variante für unsere Vorkommen, sollte ich mal mit denen an der March auch machen!
Mal sehen was noch rauskommt.
Liebe Grüße Thomas
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