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Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 08.09.2023 10:39von MarioO • 16 Beiträge
Schönen Sommer an Alle! :)
Nach einem arbeits- und vor allem studiumsintensiven Jahr, ging es von 18. August bis 6. September in den heiß ersehnten Mittelmeerurlaub!
Mit dem Zug auf nach Florenz, mit einem halb-tägigen Aufenthalt in Bologna. Nach 3 Nächten weiter zum Baden in die Chinque Terre und anschließend für 10 Tage nach Korsika. Dort erfolgte eine Rundreise um die Insel mit ca. 2 Nächten pro Örtchen.
Da die Heuschreckenbegeisterten (ich) leider mit 1 zu 2 in der Minderheit waren, blieben längere oder gezielte Nachsuchen zwar aus, am Weg zum Strand oder entlang der, sehr schönen, Wanderwege sprang und zirpte es ja doch. So wurde der mitgebrachte Kescher hier und da aus dem Mietauto geholt und schnell mal durch die kratzige Garrigue/Macchie oder durch intensivst besetzte Dauerweiden geschwungen.
Somit gibt's zumindest ein paar Eindrücke und Bilder und für mich viele neue Arten! :)
Mein erste orthopterologische Begegnung dieser Reise befand sich wortwörtlich zu meinen Füßen. Am Gehsteig in Bologna lag ein ausgetrocknetes Weibchen des Südliche Warzenbeißer Decticus albifrons:
Eine Art die fortan nicht nur die Geräuschkulisse der Stadt dominieren sollte. In fast jedem Grünstreifen oder Park tschepperte es. Sogar aus einem Kübel-Zitronenbäumchen eines Einkaufzentrums flog mir ein Männchen entgegen. Offenbar das Pendant zu T.viri. in Wien.
Florenz blieb für mich sehr heuschreckenarm. Zugegebenermaßen wohnten wir auch mitten in der Altstadt. Dafür sprießten die Mauergeckos aus jeder Wandritze und Amerikanische Großschaben kümmerten sich um die Eis Reste der Touristen.
Einzig eine subadulte Nymphe der Ägyptische Wanderheuschrecke (Anacridium aegyptium) verschlang die Strelitzien Blätter im Gewächshaus des Botanischen Garten. Dieser war, trotz reichem Pflanzenbestand (no na ned) faunistisch erschreckend leer! Ein Großer Kohlweißling, die Anacridium Nymphe, ein Schwarzkäfer, paar Guppys im Brunnen und RIngeltauben - das wars. Keine Hymenos, keine anderen Orthopteren. Eventuell werden die Pflanzen etwas zu...umfassend geschützt?
Weiter gings nach Manarola/Cinque Terre.
Am ersten Abend hörte man bereits Gryllus bimaculatus, Decticus albifrons (auch gesehen) und Oecanthus pellucens von den Hügeln singen.
Eine Lilienblatt-Sichelschrecke Tylopsis lilifolia zeigte sich sogar im Brombeerdickicht:
Bei der anschließenden Tageswanderung fand ich folgendes:
Braune Strandschrecke Aiolopus strepens - So ganz und gar nicht braun! Kannte diese schöne Art bislang nur von Fotos und war mir nicht bewusst wie bunt sie doch ist.
Schlanke Ödlandschrecke Acrotylus patruelis - Nach der gelbgeflügelten longipes die 2. Art der Gattung für mich! Sehr unbeholfen wirkende und flattrige Flieger diese Roten.
Und natürlich Chorthippus - dem Gesang der Männchen nach C. brunneus.
Ganz besonders freute ich mich dann im Olivenhain über winzige Calliptamus mit auffallend weißen Fühlern! So gar nicht scheu balzten die Männchen auf den Lesesteinen. Kurze Recherche und Größe, Flügelfarbe (sehr blass Rosa!) und Genitalkapuze entlarvten diese niedliche Art als Calliptamus siciliae! Ehrlich gesagt, finde ich diese weitaus sympathischer als unsere C. italicus Monster-Weibchen. Letztens sprangen mir richtige Kanonenkugeln im Marchfeld entgegen.
Am Ende saß dann noch eine ausgwachsene A. aegypticum im Schatten einer Mauer!
Das waren auch schon alle meiner italienischen Zufallshüpfer! :)
Im nächsten Post gibts dann die Korsischen.
Gerne natürlich Berichtigungen oder sonstige Rückmeldungen!
Liebe Grüße Mario
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 12.09.2023 22:04von Günther • 2.345 Beiträge
Hi Mario!
Ich hab mich sehr über Deinen umfangreichen Auslandsexkursionsbericht gefreut - das is ja wie früher! Vielen Dank dafür!
Bestimmungstechnisch gibt's dazu aus meiner Sicht nicht viel zu sagen - aber ich bin gespannt, wie das dann bei Korsika wird, da könnts ja vielleicht doch etwas tricky werden;) Auch Werner wird sich freuen!:)
LG,
Günther
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 12.01.2024 23:36von MarioO • 16 Beiträge
Nach meinen "Sommer Grüßen" komme ich nun leider erst mit einem "Frohes Neues" hinterher!
Aber nachdem ich mittlerweile sogar eine besorgte E-Mail erhalten habe, ob denn die Fähre am Rückweg von Korsika untergegangen sei, muss ich mir endlich die Zeit für den 2. Teil nehmen! Danke für eure Geduld
Unser erster Stopp führte uns zum Plage de l'Ostriconi am Westende der Désert des Agriates. Der Weg führte durch ein großflächiges, brackiges Röhricht-Delta, das zum Teil auch intensiv beweidet wird.
Auf einer kleinen, sandigen (dort ist alles Sand) Brachfläche neben dem Weg, inmitten des Delta sprangen und flogen mir die ersten Korsischen Schrecken um die Ohren!
Zuerst dieser wirklich niedliche Kerl, bei dem es sich um Dociostaurus jagoi handeln dürfte. Im Laufe der Reise sollte diese Art zu einer der häufigsten entlang der Küste wetden.
Wie Kleinflugzeuge hoben auch meine ersten Locusta migratoria ab. Es dauerte etwas eine zu erwischen.
Auch die nun bereits aus Italien bekannte Braune Strandschrecke Aiolopus strepens war anzutreffen
Daneben aber auch diese, nun wirklich fad braune, langflügelige Hüpferin mit transparenten Hinterflügeln!
Es dürfte sich um Aiolopus puissanti handeln,
Zu guter Letzt flatterte noch ein Hauch von Rot vorbei: Ich dachte natürlich gleich an die, in Italien, kennengelernte Acrotylus patruelis . Aber irgendwie war diesmal das Rot stärker, klarer abgegrenzt und die Flügel merklich kürzer. Also recherchiert und ich kam auf Acrotylus insubricus. Damit meine 3. Acrotylus Art!
Auch eine Vertreterin meiner Lieblingsgruppe und endlich mal altbekanntes war zu finden:
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 13.01.2024 00:13von MarioO • 16 Beiträge
Weiter ging die Reise ins Vallée du Fango - einem wunderschönen Flusstal, dessen kalte Gumpen gerne als Bademöglichkeit genutzt werden. Stellenweise fanden sich, zwischen den riesigen Felsblöcken und Erdbeerbaum-Wäldern, auch Schotter/Sandstellen mit Tamarisken - ich hoffte auf Sphingonotus, Tetrix u.ä. doch leider blieb die Ausbeute sehr klein.
Ich fand fast nur Calliptamus, wieder putzig klein und die Männchen wieder mit auffallend weißen Fühlern und flacher Genitalkapuze, Doch im Gegensatz zu den blassrosa Hinterflügeln der Calliptamus siciliae nun mit kräftig orange-roten Hinterflügeln! Meine 3. Calliptamus Art war gefunden, nämlich: Calliptamus barbarus
Hier auch ein "stattliches" Weibchen:
Zudem hüpften wenige Oedipoda caerulescens ssp. sardeti herum.
Allgegenwärtig auch Charaxes jasius , der Erdbeerbaumfalter.
Unsere Reise führte uns weiter nach Corte, wo wir etwas entlang des Tavignanu wanderten und die wunderschöne Landschaft bestehend aus Macchie, Pinus/Erdbeerbaum-Wäldern und das Flusstal erlebten.
Auch hier war Calliptamus barbarus häufig anzutreffen.
Daneben auch dieser Chorthippus, wobei ich hier bei einem eher untypisch gefärbten brunneus wäre aber ganz sicher bin ich mir nicht.
Zum Glück sind andere Arten eindeutiger wie diese Podarcis tiliguerta
Auch Oedipoda caerulescens ssp. sardeti wieder vorkommend.
Leider hüpfte mir eine Platycleis sp. davon, ohne dass ich sie mir anschauen konnte.
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 13.01.2024 01:03von MarioO • 16 Beiträge
Wir hielten uns 2 Tage in Ajaccio auf, was mir Gelegenheit gab, mehrere Standorte zu besuchen.
Besonders die ausgedehnten, aber viel zu intensiven Kuh- und Pfedeweide rund um das Capo di Feno waren spannend. Aber auch die Dünenvegetation im Westen des Standgebiets war reich an Heuschrecken.
Besonders spannend war ein Grasstreifen entlang eines Weidezaunes am Capo di Feno zwischen unbefestigtem Strandparkplatz und intensiver Dauer-Kuhweide: Auf diesem ca. 50m langem und maximal 2m breitem Grünstreifen fand ich innerhalb einer halben Stunde 14 Orthoptera Arten + Mantis religiosa. Ach die Individuendichte extrem hoch - offenbar waren hier alle Heuschrecken zu finden, die den ca 50 Rindern ausweichen konnten.
Neue Art für mich Nr 1:
Nach vielen Männchen fand ich hier schließlich auch 2 Weibchen von Acrida ungarica, die mich aufgrund des beträchtlichen Größenunterschieds kurz auf ein sehr nördliches Vorkommen von Truxalis hoffen ließen.
Weiter gings mit den beiden bekannten Aiolopus Arten:
puissanti
strepens
Leider nur als Nymphe: Conocephalus sp.
Ebenfalls neu und am Anfang noch für Begeisterung sorgend, sollte ich die Prächtige Tränenschrecke Eyprepocnemis plorans im Laufe der Reise und später auf Sizilien in fast jedem halbwegs geeignetem Habitat finden (manchmal als einzige dominierende Art)
Locusta migratoria als Nymphe
Omocestus rufipes Buntbäuchiger Grashüpfer: Eine heimische Art die mir bisher auch nicht 100% unterkam - aber ich bilde mir ein ich sah im September in Retz bei der Windmühle ein Männchen in der Vegetation, leider ohne erfolgreichen Fangversuch, kommt die Art dort noch vor?
Neue Art Nr. 5 die Dreifarbschrecke Paracinema tricolor sowohl in Grün als auch Braun:
Eine weitere heimische Art die mir noch nie begegnet ist (Nr 6):
Pezotettix giornae Kleine Knarrschrecke
Und auch bei den Ensifera folgten 3 neue Arten (Nr. 7,8 & 9) für mich:
Sepiana sepium Zaunschrecke
Nur durchs Keschern konnte ich ingesamt 2x die Buschgrille Arachnocephalus vestitus finden - welche darunter leider etwas litten.
Die lieben Käfergrillen Trigonidium cicindeloides zeigten sich von ganz allein und haben es mir etwas angetan
Bereits bekannt war Tylopsis lilifolia
Von Yersinella raymondii - Kleine Strauchschrecke schaffte ich es leider nicht ein Foto zu bekommen. :)
Soviel zu dem Grasstreifen!
In der spärlichen Dünenvegetation fanden sich einige Dociostaurus jagoi, Nasenschrecken, Tränenschrecke und die ein oder andere Mantis religiosa.
Ein orthopterologisch sehr erfolgreicher Standort, auch für meine Artenliste!
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 13.01.2024 01:24von MarioO • 16 Beiträge
Unsere korsische Reise endete im Westen mit einem 2-Tages Aufenthalt in Sari-Solenzara :)
Die recht stark frequentierten Sandstrände und Gebüsche entlang der Küste beherbergten neben den allgegenwärtigen Dociostaurus jagoi, Tränenschrecken und Yersinella raymondii auch folgende neue Art:
Hier sollte es sich um Sphingonotus uvarovi handeln (Danke Werner!)
Zum Vergleich hier vermutlich Sphingonotus corsicus
Aber auch (alt)vertraute Schrecken waren zu finden:
Anacridium aegyptium
Ruspolia nitidula
Acrotylus insubricus
In der Nacht jagte ich verzweifelt ein Männchen einer Eupholidoptera tyrrhenica, doch auch stundenlanges Brombeerranken reißen half nichts und das Tier schaffte es direkt vor mir weiter zu zirpen ohne sich jemals anschauen zu lassen
Am Rückweg besuchten wir noch die Ausgrabungen bei Aléria wo ich gleich auf 2 weitere Mantidenarten Korsikas stieß:
Dieses leicht zerfledderte Männchen von Ameles decolor
Und diese subadulte, weibliche Nymphe von Ameles spallanzania
Auch ein letzter Blick auf die wunderbaren Trigonidium cicindeloides blieb mir.
Und passend zum Standort eine Ruineneidechse Podarcis siculus:
Somit verließ ich Korsika um viele viele Arten und Eindrücke reicher, auch wenn die Ensifera Fauna sich leider kaum blicken und auch selten hören ließ!
Ein wunderschöner und empfehlenswerter Urlaub war es noch oben drauf :)
Liebe Grüße
Mario
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 13.01.2024 19:41von hospiton • 2.767 Beiträge
Hallo Mario,
na endlich - die U-Boot-Fähre ist also doch noch aufgetaucht .
Schön, Tiere aus einer meiner vielen "zweiten Heimaten" zu sehen! Und, wie ich sehe, brauchst Du ohnehin nicht unsere Unterstützung (wenngleich, Du hast ja schon andersweitig "vorgearbeitet"...).
Einige Bedenken bzw. Anmerkungen habe ich dennoch:
Bei Acrotylus nur ein kleiner Zusatz: auf Korsika sollte es neben patruelis nur braudi geben, welche aber neuerdings ohnehin als Unterart zu insubricus gezählt wird, wie ich auf iNat sehe...
Der brunneus sollte auch eindeutig sein, weil es der einzige Vertreter dort aus der biguttulus-Gruppe ist, aber wirklich eine interssante Färbung (wenngleich ich das Pendant dazu auch sechs Jahre zuvor dort gesehen habe...). Das gilt auch für die bleiche Aiolopus - da dürfte es dann wenigstens leichter sein, puissanti von thalassinus corsicus zu trennen - ich hatte damit immer wieder meine Probleme und Flügel nachmessen tue ich auch nicht im Gelände...
Was macht Dich eigentlich bei der Conocephalus so sicher?
Und nun zu Deiner gezeigten Sphingonotus: mit dieser kontrastreichen Zeichnung wäre ich da eher bei uvarovi, auch wenn ich den Daumennagel als Größenvergleich hernehme...!? Die andere da passt da schon eher für corsicus...
Und was mich wundert ist tatsächlich die fehlenden Ensifera - wir sind in den letzten Jahren eigentlich immer im September dort gewesen und da hatte ich eigenlich schon immer viele Arten... Siehe dazu auch meine diversen Beiträge hier im Forum!
LG und weiter so!
Werner
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 14.01.2024 19:59von MarioO • 16 Beiträge
Danke für die Antwort Werner! :)
Oh doch, eure Expertise ist Gold wert - die mag ich nicht missen.
Ah du dürftest natürlich Recht haben mit den Sphingonotus! Die bereiten mir immer noch Kopf zerbrechen mit dieser riesigen Diversität im Mediterranen. Auch beim Halsschild sieht man bei dem einfarbigeren Tier (dass du ja eh schon auf meinem iNat entdeckt hast) die Längenunterschiede der Seitenlappen. Sehr cool! Dann habe ich bei Ajaccio S. corsicus und bei Sari-Solenzara S. uvarovi gefunden.
Bei der Conocephalus war ich auch zu lax - ich dachte auf Korsika wird Conocephalus fuscus von C. conocephalus abgelöst, aber es kommen ja beide vor. Dann muss es bei der Gattung bleiben.
Deine Reiseberichte habe ich natürlich alle schon aufgesogen :)) Und gleich ein paar Wunscharten für die nächste Reise dazu addiert. Aber ja bei den Ensifera muss noch deutlich mehr gehen....aber auch nächtliche Suchen brachten keine weiteren Arten hervor.
LG Mario
RE: Korsika 2023 & Italienische Zufälle
in Beobachtungen außerhalb Österreichs 15.01.2024 15:22von hospiton • 2.767 Beiträge
Hallo Mario,
schau, schau - eine frohe Botschaft aus iNat - Du hast doch eine neue Art... :) (Weiß zwar nicht ob der Seriösität der Angabe bzgl. der Conocephalus-Nymphe, aber Du weißt: Vertrauensgrundsatz!)
Nachtrag zu dem Omocestus: im Raum Retz gibt es rezente Daten, von wann und wo genau kann Dir vielleicht Thomas aus der Datenbank "rauskitzenl".
Seltsam, dass Dir keine der beiden Bradyporinae-Arten untergekommen ist und auch bzgl. Grillen sollte da mehr gehen. Dafür hast Du die Käfergrille gleich ein paar Mal gehabt - da ist Dir vermutlich Florin aus der Schweiz neidig, zumindest hat er mir das seinerzeit so mitgeteilt...
lg
Werner
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