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#1

Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 29.11.2010 23:12
von Günther • 2.345 Beiträge

Grüß Euch,

damit sich a bissl was tut zu dieser orthopterologisch eher langweiligen Jahreszeit, hab ich mal meine unbestimmten Heuschrecken-Photos durchgeschaut. Von den meisten weiß ich inzwischen aufgrund der heurigen und letztjährigen Beschäftigungen mit diesen Tieren, was es war. Aber trotzdem gibt´s da diese Schrecke, die ich im August 2007 auf der Ruine Rauheneck bei Baden geknipst hab. Wird wohl eine B. serricauda gewesen sein (die Cerci sind leider nicht wirklich gut zu erkennen, wusste damals noch nicht annähernd, worauf es ankommt). Aber so rot?? Die Färbung ist ja bekanntlich bei den meisten Schrecken ziemlich variabel; der Hinterleib von diesem Tier ist aber fast völlig schwarz, und es gab ja schon Verdachtsäußerungen, nach denen zumindest einige der Kärntner Tiere (die im Vergleich überdurchschnittlich oft dunkel sind) vielleicht einer anderen Art angehören - wenn ich das richtig verstanden hab obtusus. Im Bellmann ist ein hellgrünes obtusus-Männchen drinnen, im Roesti allerdings ein ziemlich dunkles (rot-schwarzes) Männchen (dem das nachstehende Viech doch irgendwie recht ähnlich schaut), dafür aber wiederum ein hellgrünes Weibchen. Und deswegen bin ich jetzt etwas verwirrt. Manuel hat damals, als ich ihm das Bild gezeigt hab, gemeint, man weiß nie, ob es auch eingeschleppte Tiere von irgendwoher geben kann, deshalb ließ er das Ding unbestimmt. Und er hat wohl recht...

Hat schon mal jemand eine vergleichbare Barbitistes serricauda in Ö gesehen?



Viele Grüße,
Günther


zuletzt bearbeitet 29.11.2010 23:14 | nach oben springen

#2

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 29.11.2010 23:31
von Manuel • 43 Beiträge

Hallo Günther!

Nach meinem mittlerweile uuuunendlichen Erfahrungsschatz würd ich heute meinen, dass Verschleppung bei Barbitistes-Arten vermutlich sehr unwahrscheinlich ist. Ich bild mir ein mich zu erinnern, dass es aus dem Burgenland (Mittelburgenland?, Leithagebirge?) mal einen Nachweis eines sehr dunklen Viechs gegeben hat, dass auf den ersten Blick als B. constrictus bestimmt wurde (allergings nicht näher dokumentiert). Bei dieser Gattung würd ich daher auf die Farbe überhaupt nix geben, ohne ein super Bild von den Cerci wird die Art auf deinem Bild vermutlich unbestimmt bleiben.

Aber, wie soeben bei einer ähnlichen Diskussion auf bird.at gelesen, sollte eher "bottom up" als "top down" (Zitat aus 2. Hand, A. Ranner) gelten und eher die wahrscheinlichste und plausibelste Art vermutet werden, in diesem Fall B. serricauda.

AAABER: Gerade Überraschungen gelingen nur, wenn genau geschaut wird, also bleib dran, Günther ;)!

Viele Grüße an alle Winter-Heuschreckenmenschen!

Manuel


zuletzt bearbeitet 30.11.2010 02:23 | nach oben springen

#3

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 30.11.2010 00:09
von Günther • 2.345 Beiträge

Hi Manuel,

besten Dank für diese Einschätzung! Genau an dieses brandaktuelle A. Ranner-Zitat hab ich auch dauernd gedacht bei den Bildvergleichen;) Und dem von Dir erwähnten Problem mit den dunklen serricaudas und den damit einhergehenden Bestimmungen als constrictus bin ich selbst in Kärnten heuer zum Opfer gefallen, als ich eine (die einzige in diesen drei Wochen) Barbitistes an einem Zaunpfahl entdeckt hab, und diese so dunkel war, dass ich auch gleich gedacht hab "Wow, der Erstnahweis von constrictus für Kärnten!" Aber nach einem Blick auf die Cerci war natürlich eh klar: serricauda, wie sie im Buche steht !
Aber das Photo der Cerci muss echt verdammt gut sein, um serricauda von obtusus unterscheiden zu können!

Hier noch das betreffende Viech aus dem Metnitz-(eigentlich Feistritz-)Tal in Kärnten (möglich, dass ich das schon mal reingestellt hab - man kommt hier ja schon völlig durcheinander):





LG,


zuletzt bearbeitet 30.11.2010 00:12 | nach oben springen

#4

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 30.11.2010 21:49
von Thomas Z-K • 740 Beiträge

Hallo Günther!

Ja die Barbitistes ist ein stark unterschätztes Problem - ich hab glaub ich auch schon einmal geschrieben, dass es einen sehr hohen Anteil falsch bestimmter constrictusse gibt, die sich alle als dunkle serricauden entpuppen. Das ist das Problem, wenn in den Bestimmungsbüchern die dunklen immer die constricten sind - und im Nadelwald sitzen auch serricauden und in manchen Gegenden - nördliches Waldviertel - ist die constrictus auch mal ein Eichenwaldbewohner.

Eine Bitte an alle - Barbitistes serricauda oder constrictus kann bei uns nur bestimmt werden wenn man den Gesang hört oder die Cerci sehr genau aus verschiedenen Blickwinkeln gesehen hat. Für Weibchen muss man schon sehr viel Erfahrung haben. Über die Färbung kann man sich nur freuen (ist wirklich eine der schösnten heimischen Schrecken!), aber sie taugt zur Bestimmung gar nicht! Und die obtusus kennen wir ale zusammen noch viel zu schlecht, um wirklich was sagen zu können - da müssen echte Entomologen ran (oder wir unsere entomologische Seite rauskehren, da kommt man als Orni nicht mehr weiter).

Aber nicht abschrecken lassen - hier warten sicher schöne Überraschungen!
Grüße
Thomas

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#5

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 01.12.2010 07:05
von Maria Z • 1.534 Beiträge

Hallo,

habe da ein W von Ende Sept 2009, aus der Gegend um den Giesshübel/Wienerwald

war mir zwar sicher-aber s oben...

Viele Grüsse
Maria

Angefügte Bilder:
CIMG0126 m Christl-Barbistes serricauda-W Laubholzsaebelschr.jpg
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#6

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 01.12.2010 13:52
von Günther • 2.345 Beiträge

Hallo Thomas et al.,

ja, das mit der Schwierigkeit der Barbitisten hast Du schon mal erwähnt, kann mich noch gut erinnern. Aber geh ich recht in der Annahme, dass man ein Tier vom Gießhübel trotzdem getrost als serricauda einstufen kann? Allein schon vom Fundort her mein ich.
Außerdem bilde ich mir ein, dass es ja so ist: serricauda kann von rein grün bis fast völlig schwarz sein. Aber eine constrictus, die so hell ist wie eine "typische" serricauda, ist mir noch auf keinem Bild untergekommen. Wenn man also so ein Viech findet wie das im Bellmann auf Seite 79 oben, hätte ich eigentlich schon gedacht, dass man dabei getrost von serricauda ausgehen kann(?). Nur schauen halt die wenigsten so aus...

Wie auch immer, hier nochmal ein Vergleich der beiden sichersten Merkmale, der männlichen Cerci - erst serricauda, dann constrictus. Bei letzterer sind sie dicker und in der Mitte deutlich verbreitert.




Und dann auch nochmal die oben schon gezeigte serricauda, gefolgt von einem constrictus-Männchen. Da sieht man ganz gut, wie verflucht ähnlich sich die in ihrem Habitus sein können. Verflixt nochmal!!




Für die Süd-Österreicher wäre natürlich B. obtusus interessanter. Wie ich das mitbekommen hab, sind aber da die Cerci ebenfalls unverzichtbar!

LG,
Günther

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#7

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 01.12.2010 21:23
von Thomas Z-K • 740 Beiträge

Lieber Günther!

Super die Gegenüberstellungen - sowas hat noch gefehlt in der Schärfe - bei den Cerci sieht man schön, dass man da sehr genau schauen muss, dann aber eindeutig entscheiden kann (was aber bei den meisten Fotos nicht möglich ist). Die beiden Bilder vom ganzen Männchen sind auch super - man würde wohl aufs erste annehmen, dass beides das selbe Individuum ist! Also eine constrictus rein von der Färbing her zu bestimmen ist nicht möglich. Aber mit der seeicauda hast Du recht - die typischen hellen mit den roten Beinen sind einfach immer serricauda (soweit wir das bisher mitbekommen haben), da kann man halbwegs getrost bestimmen. Auch das Tier von Maria ist habituell eine klassische serricauda. Was bei Weibchen noch ein Hinweis ist ist das doch deutlich sattelförmige Halsschild bei constrictus, Marias Bild zeigt das typisch flache serricauda-Halsschild.

Bestimmung nach Verbreitung ist natürlich immer bequem, gerade im Alpenraum ist die constrictus aber eine Ausnahmeerscheinung und man kann typische Tiere aus Gießhübl ohne weiteres als serricauda abspeichern. So muss auch nicht jeder Euchorthippus declivus auf eventuellen pulvinatus geprüft werden oder eine Miramella alpina aus Nordtirol braucht auch nicht genital gegen carinthiaca oder irena abgegrenzt werden - das kann man getrost den Spezialisten überlassen. Aber ab und zu genau hinschauen ist immer gut (siehe Phaneroptera nana, die wir jahrelang für falcata hielten, weil die nana ja nur im Südburgenland vorkommen sollte....).

Vielleicht könnten wir einmal eine Bildergalerie starten mit lauter serricaudas, um einmal die Variationsbreite darzustellen (bitte mit Fundort).

Liebe Grüße
Thomas

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#8

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 02.12.2010 18:22
von Günther • 2.345 Beiträge

Ausgezeichnete Idee, Thomas! Ist bereits gestartet.
Jetzt brauchma nur noch so viele serricauda-Bilder wie möglich - durchforstet Eure Festplatten!

edit: das merkwürdige rot-schwarze Tier ist da jetzt auch mal drin - einfach der Wahrscheinlichkeit wegen. Wenn auch mit ganz leichtem Bauchweh..

LG,


zuletzt bearbeitet 02.12.2010 18:24 | nach oben springen

#9

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 02.12.2010 20:00
von Florin Rut • 269 Beiträge

Hallo zusammen,

vielen Dank für das spannende Thema! Die rote Barbitistes von Günther ist ja echt abgefahren. Die dunklen B. serricaudas haben mich auch schon halb verrückt gemacht, aber schlussendlich war es immer serricuda.

Um die Cerci-Geschichte noch etwas verwirrlicher zu machen, habe ich hier den Vergleich von B. serricauda und B. obtusus, die bei uns in der Südschweiz teilweise sehr häufig anzutreffen ist. Und die ebenfalls sehr variabel gefärbt sein kann!
Die Unterschiede der Cerci sind hier aber viel deutlicher als bei B. serricauda und B. constrictus.

1. Foto: B. serricauda mit spitz endenden Cerci
2. Foto: B. obtusus mit sehr deutlich abgestumpften Enden, dadurch lässt sie sich auch im Feld gut erkennen. Vor der Mitte sind die Cerci leicht verdickt, aber nicht so stark wie bei B. constrictus

LG
Florin

Angefügte Bilder:
080722_20d0_IMG_27869.jpg
100829_50d0_IMG_63989.jpg
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#10

RE: Barbitistes sp. - in rot

in Beobachtungen in Österreich 03.12.2010 16:21
von Thomas Z-K • 740 Beiträge

Danke Florin für diese extrem hilfreichen Cerci-Aufnahmen! So ist die obtusus ja wirklich sehr klar abgrenzbar! Ich kannte bisher nur die Zeichungen von Harz und Nadig, und die haben mir wenig Hoffnung gemacht, dass das eine klare Sache sein könnte.

Was sagt ihr zu diesem Tier - Karl Friesenbichler aus Mönichwald am Wechsel hat dieses tolle Tier aufgenommen, auf naturbeobachtung.at wurde es als klassische constrictus bestimmt und ich war auch bei den Cerci zuerst sehr elektrisiert (wäre einer der ganz wenigen Nachweise aus dem Alpenraum). Aber im Vergleich zu denen von Günther sind sie doch wieders ehr gleichmäßig zugespitzt - also doch serricauda? Aber dann diejenige, die bisher optisch der constrictus am nähesten war!






Auf weiteres Grübeln!
Thomas

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