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#1

Nomenklatorischer Umbruch?

in Literatur & Links 06.02.2013 11:20
von hospiton • 2.767 Beiträge

Hallo allseits!

Bin gerade über eine (zwar nicht mehr ganz aktuelle) Passage auf der französischen Heuschrecken-HP (http://tela-orthoptera.org/wakka.php?wiki=PagePrincipale) gestolpert und – da kommt ja wieder was auf uns zu in Sachen Nomenklatur, falls die Sache durchgeht!

Hier ein Auszug als Übersetzung:

„Ein ganz schöner Umbruch in der Taxonomie der Heuschrecken in letzter Zeit: Bernard Default (ASCETE) schlägt aufgrund einer aktuellen molekular-phylogenetischen Arbeit eine tiefgreifende Veränderung der Klassifikation und Nomenklatur bei den Gomphocerinae vor. Das markanteste ist, dass die Gattung Chorthippus auf drei (Anm. W.R.: in Frankreich, bei uns vermutlich 4, wenn ich 1 und 1 zusammenzählen kann…!) Arten reduziert wird, die meisten anderen Taxa in die Gattung Gomphocerippus, zusammen mit G. rufus gestellt werden, während zwei (Anm. W.R.: bei uns dann wohl drei?) Arten in eine neuen Gattung (Pseudochorthippus) eingestuft werden…“ (aktuelle Liste der frz. Orthopteren: hier )

Konkret würde das heißen:

--> Chorthippus haben wir in Österreich dann nur mehr albomarginatus, oschei, dorsatus und dichrous
---> neu wären in der Gattung Gomphocerippus neben rufus noch vagans, brunneus, mollis (+ ignifer), biguttulus, eisentrauti, apricarius, pullus
---> und die neue Gattung Pseudochorthippus, die noch dazu zu den Stenobothrina gestellt werden würde, bekommt parallelus, montanus und alticola rammei zugeordnet!

Bevor es soweit ist, werden wir sicher noch von „ofizieller“ Seite informiert werden, also seht das nicht als „Panikmache“, sondern als „off-saisonale Vorinformation“ an!

LG

Werner


zuletzt bearbeitet 06.02.2013 11:24 | nach oben springen

#2

RE: Nomenklatorischer Umbruch?

in Literatur & Links 06.02.2013 16:45
von Günter Pucher • 692 Beiträge

Hallo Werner!

Anscheinend muß man alles immerwieder "vereinfachen" bzw. "erneuern". So liefs auch bei den Vögeln (z.B. Haubenmeise - Parus cristatus - wurde zu - Lophophanes cristatus).

Erinnert mich etwas an die Rechtschreibreform.

Waren auch Leute damit befasst, die mächtig Ahnung hatten......

VG Günter

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#3

RE: Nomenklatorischer Umbruch?

in Literatur & Links 14.02.2013 20:50
von PVOzerski • 21 Beiträge

Man muss nicht hasten. Eine Meinung ist noch keine letzte Wahrheit. Auch falls jemand das "offiziell" behaupten wird, jeder kann einverstanden oder nicht einverstanden werden :) Vorläufig zweifele ich daran. Übrigens, schreibe ich immer nicht "Glyptobothrus brunneus", sondern "Chorthippus brunneus". Und A.V. Gorochov einmal (vor langer Zeit) sagte, dass im Vergleich zu den Grillen könnten die ganzen Triben von der Feldheuschrecken als Gattungen betrachtet sein.


Wenn Sie ein Bisschen Russisch verstehen, Willkommen! Russisches Entomologisches Forum: http://molbiol.ru/forums/index.php?act=SF&s=&f=40

zuletzt bearbeitet 14.02.2013 20:57 | nach oben springen

#4

RE: Nomenklatorischer Umbruch?

in Literatur & Links 14.02.2013 22:18
von Günther • 2.345 Beiträge

Ich gebe Pavel völlig recht. Kann mich noch erinnern, als vor wenigen Jahren Kreuz- und Wechselkröte Epidalea bzw. Pseudepidalea heißen mussten. Letztlich wurde das aber nicht anerkannt, und heute ist wieder für beide Bufo gebräuchlich.
Allerdings muss man zugeben, dass molekulargenetische Befunde nicht gerade ungewichtig sind und gerade die Chorthippen auch von ihrer Optik her ziemlich unterschiedlich sind. Um nochmal ein Beispiel von den Amphibien zu bringen: Abgesehen von der Genetik finde ich es völlig akzeptabel, dass die Wasserfrösche nicht mehr Rana sondern Pelophylax heißen, selbiges ist bei den Wassermolchen der Gattung Triturus der Fall, die vor einigen Jahren in 3 Gattungen aufgespalten wurde.
Dass die 6 Meisenarten jetzt 5 Gattungen sein sollen, das geht mir auch nicht wirklich ein. Aber die DNA-Sequenzen stehen ihnen halt nicht auf der Stirn geschrieben, und wenn die DNA das sagt, dann gilt das eben. Morphologie, Verhalten, Ökologie etc. werden leider viel zu selten bei solchen systematischen Fragen berücksichtigt - was meiner Meinung nach völlig unseriös ist.
Wenn die von Werner genannten Argumente schlagend sind und allgemein anerkannt werden, muss man sich wohl oder übel umgewöhnen und sich den Tatsachen fügen. Das werden wir schon auch noch schaffen, im Sommer gäb´s ja genug Gelegenheit, hier im Forum zu üben;-) Und überhaupt muss das ja erst mal durchgehen...

Die Italiener (und wahrscheinlich auch noch andere) sind beim Splitten übrigens ganz arg, die verwenden fast überall die Untergattungen als Gattungsnamen oder sie halten an den alten Namen fest (wohl aus Prioritätsgründen?). So nennen sie zB Miramella irena plötzlich Kisella irena, Conocephalus heißt dort Xiphidion, Metrioptera bicolor ist Bicolorana bicolor, Metrioptera roeselii ist Roeseliana roeselii oder - und das ist mein Liebling - Omocestus petraeus ist niemand geringerer als Dirshius petraeus ect. etc... Ist recht spannend zu lesen!

LG,
Günther

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#5

RE: Nomenklatorischer Umbruch?

in Literatur & Links 15.02.2013 15:45
von Toni • 490 Beiträge

Eines darf man nicht Vergessen bevor man die Nomenklatur unkritisch übernimmt.

Es gibt zwei entgegengesetzt Strömungen:
1. Das Zusammenfassen von Gattungen und das 2. Aufspalten.

Ich halte nicht viel davon, einmal der einen Strömung und ein anderes Mal der anderen Strömung nach zugehen.

Ob einige Arten aus der Gattung Miramella, Nadigiella oder Galvaniella heißen sollen, finde ich ziemlich unwichtig.
Viel spannender und wichtiger wäre für mich, mehr über die genetischen Verhältnisse der Arten dieser Gattungen zu erfahren, und vielleicht auch die Besiedlungsgeschichte und mögliche Artbildungsprozesse vor und innerhalb der letzten 4 Eiszeiten zu erfahren.

Dass jetzt auf einmal einige Arten aus der Gattung Chorthippus mit Gomphocerripus gleich zu stellen sind, kommt mir schon komisch vor.
Auch wenn es wissenschaftlich richtig ist, halte ich diese Umstellung für nicht zweckmäßig und schon gar nicht sympathisch.


Liebe Grüße, Toni

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#6

RE: Nomenklatorischer Umbruch?

in Literatur & Links 13.03.2013 10:05
von Thomas Z-K • 740 Beiträge

Ja die Taxonomie mit den unterschiedlichen Bennennugen der Gattungen macht einem das Leben nicht leicht und ist oft schwer nachvollziehbar. Im Fall, den Werner schildert geht es aber wenn ich das richtig begreife um eine tiefgreifende Umgruppierung der "Chorthippen", also nicht nur um eine Neuverteilung von Gattungsnamen. Ich finde das ja sehr spannend, was das in dem Fall bedeutet, da es die Verwandtschaftsverhältnisse der einzelnen Arten in ein neues Licht stellt. Diese Abtrennung von Pseudochorthippus (der Name würde ja alles sagen - super) von den anderen ist überhaupt eine Überraschung für ich, denn die Trennung der "braunen" (Glyptobothrus) von den "grünen" gabs ja schon mal. Und das die "braunen" zum Gomphocerippus kämen fände ich auch interessant. Na mal sehen und die Literatur im Auge behalten!
Thomas

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